Entgeltumwandlung, Arbeitgeberzuschuss und Geringverdienerförderung – So veränderte das BRSG die betriebliche Altersvorsorge
Zum 1. Januar 2018 sollte mit Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) nach dem Willen der Regierung der Aufbruch in eine neue bAV-Welt geschehen. Damit verbunden war in erster Linie das Ziel, die Durchdringung mit betrieblicher Altersversorgung (bAV) kräftig anzukurbeln.
Dazu wurden neben der neu geschaffenen Zusageart „reine Beitragszusage“ mit der neuen Rentenart „Zielrente“ (auch „Nahles-Rente“ genannt) einige neue Instrumente und Verbesserungen entwickelt, um den Abschluss von Betriebsrenten schmackhafter zu machen. Ist ihr damit auch der große Wurf gelungen?
Verbesserte Förderung für Entgeltumwandlung im BRSG
Beiträge in Entgeltumwandlung werden nicht mehr nur wie zuvor bis vier Prozent der Beitragsbemessungs-Grenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Abzug von Steuern gefördert. Die Grenze wurde auf acht Prozent erhöht. Dies gilt allerdings nur, wenn das Geld in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds fließt. Hinsichtlich der Sozialversicherungsfreiheit bleibt es hingegen bei der Vier-Prozent-Grenze.
Fördermodell für Geringverdiener
Ebenfalls im Steuerrecht neu eingeführt wurde ein Fördermodell für Geringverdiener. Zahlt der Arbeitgeber für Beschäftigte mit maximal 2.200 Euro monatlichem Bruttoeinkommen jährlich mindestens 240 Euro (maximal 480 Euro) in eine betriebliche Altersversorgung ein, so kann er 30 Prozent dieses Betrages von der Lohnsteuer des Arbeitnehmers einbehalten. Im Höchstfall sind dies 144 Euro (30 Prozent von 480 Euro). Nicht darunter fallen Beiträge aus Entgeltumwandlung.
Um sicherzustellen, dass sich eine betriebliche Altersversorgung am Ende auch für Geringverdiener wirklich auszahlt, wurde zusätzlich ein Freibetrag bei der Grundsicherung im Alter eingeführt. Für 2020 liegt die Grenze bei 216 Euro (50 Prozent der Sozialhilfesatz in der Regelbedarfsstufe 1 nach SGB XII).
Arbeitgeberentgelt nach neuem Betriebsrentenstärkungsgesetz
Darüber hinaus wurde ein verpflichtender Arbeitgeberzuschuss auf die Entgeltumwandlung in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds eingeführt. Mittels tarifvertraglicher Regelung kann hiervon allerdings abgewichen werden. Der Arbeitgeber muss grundsätzlich einen Zuschuss von 15 Prozent des umgewandelten Gehalts zusätzlich an die Versorgungseinrichtung abführen, sofern er Sozialversicherungsabgaben einspart. Dies gilt für alle Neuabschlüsse ab 2019, für alle vor 2019 vereinbarten Entgeltumwandlungen ab 2022.
Weitere Neuerung: Werden Beiträge wegen Elternzeit oder Krankheit ausgesetzt, können diese nun nachgezahlt werden. Zudem wurde ein Opting-Out-Modell eingeführt.
BRSG: Was hat es für die betriebliche Altersvorsorge gebracht?
Nun die spannende Frage: Haben die zahlreichen Neuerungen eine positive Wirkung auf die bAV-Durchdringung gehabt? Man sollte meinen, dass eine amtliche Statistik weiterhilft bei der Beantwortung dieser Frage. Doch eine solche wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nur alle zwei Jahre veröffentlicht.
Dabei handelt es sich um die sogenannte „Trägerbefragung zur betrieblichen Altersversorgung“. Zuletzt wurde diese im Frühjahr 2019 – mit Datenstand Ende 2017. Das bedeutet: Frühestens in einem knappen Jahr wird also bekannt werden, wie sich die bAV-Durchdringung entwickelt hat.
Bestenfalls bedingt aussagekräftige Daten zur bAV-Durchdringung
Ein Blick auf die aktuellsten, vom GDV veröffentlichten Zahlen, die für 2019 nur vorläufigen Charakter haben, bringt bestenfalls wenig Erhellendes mit sich. Demnach haben die die deutschen Lebensversicherer die Bruttobeiträge in bAV um über fünf Prozent auf 18,9 Milliarden Euro ausgebaut. Dies ist aber immer noch eine halbe Milliarde weniger als 2017. Die Zahl der Verträge erhöhte sich demnach von 15,8 Millionen in 2017 über 16,1 Millionen in 2018 auf zuletzt 16,2 Millionen.
Ein Blick in die GDV-Broschüre „Die Lebensversicherung in Zahlen 2019“, die vertiefende Zahlen zum Gesamtmarkt im Geschäftsjahr 2018 liefert, zeigt, dass die Bestände von Ende 2017 auf Ende 2018 in den Durchführungswegen Direktversicherung (plus gut drei Prozent auf knapp 8,4 Millionen Verträge) und Rückdeckungsversicherung (plus knapp zwei Prozent auf über 3,5 Millionen Stück) jeweils gestiegen sind. Bei den Pensionskassen reduzierte sich der Bestand hingegen um etwa 0,2 Prozent auf 3,7 Millionen Verträge.
Rückschlüsse auf die Durchdringung lassen sich aus diesem Datenmaterial aber nicht ohne Weiteres ziehen. Dies liegt zum einen daran, dass hier nur die Vertragsbestände und nicht die versicherten Personen abgebildet werden. Das Problem dabei: Es ist nicht bekannt, wie viele Beschäftigte mehrere bAV-Angebote nutzen.
Zum anderen basiert die Verbandsstatistik nur auf den Angaben von „20 überbetriebliche Pensionskassen und 16 Pensionsfonds (überwiegend Neugründungen von Versicherern)“. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass in der Erstversicherungsstatistik 2018 der Bafin deutlich mehr beaufsichtigte Unternehmen aufgeführt werden – nämlich 33 Pensionsfonds und 133 Pensionskassen.
Fazit
Ob der Regierung mit der Betriebsrentenreform der große Wurf gelungen ist und die neu geschaffen Instrumente zur Schließung der Versorgungslücke im Alter die bAV-Durchdringung nach oben getrieben haben, lässt sich mangels vorliegender Daten derzeit noch nicht abschließend beantworten. Fest steht lediglich einerseits, dass man nach praktischen Umsetzungen des Sozialpartnermodells weiterhin mit der Lupe suchen muss. Andererseits werden eventuell positive Effekte vermutlich durch die Corona-Pandemie wieder zunichte gemacht. Nicht kleiner geworden ist auch die Komplexität hinsichtlich der Portabilität der Betriebsrenten beim durch eine sinkende Betriebszugehörigkeit immer häufiger vorkommenden Wechsel auf einen neuen Arbeitgeber.