Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Die bessere Alternative zur BU?
Die private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) galt lange Jahre als alternativlos und die Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU) blieb dabei auf der Strecke. Zu reizvoll war die Idee, die gesetzliche EU/EMR als Feindbild aufzubauen. Für Viele ist sie das noch immer. Doch ist die EU vielleicht sogar die beste Alternative zur BU?
BU-Versicherung als Nummer 1 der Arbeitskraftabsicherung
Auf den ersten Blick ist die Erwerbsunfähigkeitsversicherung der BU sehr ähnlich, denn auch sie zahlt eine Rente bei Verlust der Arbeitskraft. Doch die EU hat ein Imageproblem: Sie weckt schon begrifflich Assoziationen zur wenig geschätzten gesetzlichen Erwerbsminderungsrente (EMR). Man müsse den „Kopf unter dem Arm“ tragen, um Leistungen aus einer EU-Versicherung zu bekommen, so heißt es. Verbraucherschützende und Juristische Berufe griffen überdies gern zur Haftungskeule, um Lösungen jenseits der Berufsunfähigkeitsversicherung als minderwertig und im Zweifelsfall justiziabel zu diskreditieren. Auf der Strecke und damit unversichert blieb bei dieser Kategorisierung, wer zu alt, zu krank oder nicht solvent genug für den BU-Schutz war.
Berufsunfähigkeitsversicherung mit vielen Hindernissen
Als BU-Killer Nummer 1 gelten Vorerkrankungen. Mit zunehmendem Alter steigen nicht nur die Prämien, sondern auch die gesundheitlichen Probleme. Oft reicht es dann für einen BU-Schutz nicht mehr. Als BU-Hindernis Nummer 2 erweist sich die Prämie. Insbesondere körperlich arbeitende Menschen müssen für auskömmlichen BU-Schutz meist tief in die Tasche greifen. Manchmal tiefer, als es das Einkommen hergibt. Was tun? Ganz auf private Arbeitskraftabsicherung verzichten? Diese Alternative erinnert fatal an ein Haus, dessen Eingangstür sperrangelweit offen steht, weil kein Geld für eine Alarmanlage übrig war.
Grundfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung?
Auf der Suche nach Alternativen zur BU kam vor weniger als zehn Jahren die Grundfähigkeitsversicherung (GF) ins Spiel. Sie tritt ein, wenn Fähigkeiten wie Gehen, Sehen oder Gebrauch der Hände verlorengehen. In Kombination mit einer Versicherung bei schweren Krankheiten (GF Plus) kann sie ein durchaus weitreichendes Sicherheitsnetz spannen. Ihr Vorteil: Der ausgeübte Beruf spielt beim Preis eine geringere Rolle. Auch Vorerkrankungen wie Allergien und psychische Episoden stellen kein KO-Kriterium dar.
Ihr Nachteil: Gezahlt wird nur bei Eintritt eines definierten Leistungsauslösers (Positivkatalog). Der Verlust der Arbeitskraft allein ist also nicht versichert. Außerdem ist die Hauptursache für den Verlust der Arbeitskraft, die Psyche, kaum versichert und es gibt noch keine verlässlichen Standards im Markt. Je nach Anbieter und Tarif unterscheiden sich die Leistungen stark. Außer Acht bleiben darf auch nicht die Tatsache, dass der Maßstab für den Verlust von Grundfähigkeiten nicht ein kompletter Arbeitstag darstellt, sondern eine einzelne Fähigkeit zu einem Zeitpunkt. Wer nur noch drei Stunden arbeiten kann, erfüllt damit noch lange nicht die Voraussetzungen für den Verlust einer Grundfähigkeit. Trotzdem konnte sich die GF-Versicherung als Alternativlösung zur Arbeitskraftabsicherung (AKS) behaupten – zu Recht? Auf jeden Fall, denn schließlich ist der gebotene Schutz deutlich wertvoller als gar keiner, oder?
Neue Perspektive für die Erwerbsunfähigkeitsversicherung als Alternative
Doch mit diesem Argument kommt auch die EU wieder ins Spiel. Sie leistet zwar weniger als eine BU, aber deutlich mehr als nichts. Insbesondere „teuren Berufsgruppen“ wie Altenpfleger, Kfz-Mechaniker, Schreiner, Metzger, Schornsteinfeger oder Physiotherapeut kann sie den Weg zu bezahlbarem Versicherungsschutz ebnen. Wie groß die Prämienunterschiede zwischen selbstständigen BU- und EU-Tarifen sind, zeigt die folgende Tabelle.
Je nach Gesellschaft lassen sich mit einer SEU rund 20 bis 75 % der Prämie für eine BU sparen. Auf diese Weise wird Versicherungsschutz in ausreichender Höhe auch für vergleichsweise teure Berufsgruppen bezahlbar.
Stärken und Schwächen der EU im Vergleich mit der BU
Prämien sind das Eine. Aber wo liegen die Stärken und Schwächen der SEU im Vergleich mit BU und GF-Versicherung? Franke und Bornberg macht die Probe aufs Exempel und stellt wichtige Aspekte von BU-, EU- und GF-Versicherungen gegenüber. Für den Wirkungsgrad zieht Franke und Bornberg den AKS-Index heran. Dieser wurde anhand wissenschaftlicher Kriterien entwickelt und macht den Abdeckungsgrad möglicher Auslöser für den Verlust der Arbeitskraft transparent. Auf diese Weise werden unterschiedliche Konzepte hinsichtlich ihrer AKS-Eignung vergleichbar.
Der AKS-Index ist integraler Bestandteil von fb>xpert Arbeitskraftabsicherung. In Verbindung mit der Online-Risikoprüfung vers.diagnose wird parallel für mehrere Versicherer ermittelt, ob und zu welchen Konditionen Kunden versichert werden können.
Erwerbsunfähigkeitsversicherung – Das Produkt in der Mitte
Der Vergleich zeigt: Erwerbsunfähigkeitsversicherungen gehören nicht ins Abseits. Insbesondere körperlich arbeitenden Menschen bieten sie Arbeitskraftabsicherung zum bezahlbaren Preis. Gemessen am AKS-Index stehen sie zwischen BU-Versicherung und Grundfähigkeitsversicherung. Dafür gibt es gute Gründe. Beispielsweise deckt die EU das Risiko Psyche vergleichbar gut, wie die BU. Auch der Bezug zum Erwerb ist unmittelbar gegeben. Nur gegenüber der BU in abgeschwächter Form. Aber mit nur 19 Gesellschaften ist das Angebot an (S)EU-Tarifen derzeit schmal. Es wäre wünschenswert, wenn sich mehr Versicherer als bisher daran beteiligten.
Dazu ist es aber auch erforderlich, dass sich ein Imagewechsel vollzieht, denn die EU ist keineswegs das Schmuddelkind der Arbeitskraftabsicherung. Das ehemalige Feindbild sollte aufgelöst werden, denn die EU ist ein sinnvolles Mitglied in der AKS-Familie.
Wie viele EU-Verträge in den Beständen zu verzeichnen sind, lässt sich derzeit übrigens nicht sagen. Der Versichererverband GDV liefert keine Informationen, welchen Anteil Erwerbsunfähigkeitsversicherungen an den gesamten Invaliditätsversicherungen seiner Mitgliedsunternehmen haben. Das Gleiche gilt für Grundfähigkeitsversicherungen und Dread-Disease-Verträge nach Art der Lebensversicherung. Mehr Transparenz wäre hier nicht nur wünschenswert, sondern ist ein absolutes Muss.
Weg vom Produktverkauf
Wer zur Arbeitskraftabsicherung von Beginn an ausschließlich auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung setzt, weckt Erwartungen beim Kunden. Erwartungen, die nicht selten den BU-Killern zum Opfer fallen. Zu alt, zu krank, zu teuer …Im laufenden Beratungsprozess das Pferd zu wechseln, ist nicht einfach. Und jeder Alternative haftet der Makel an, 2. oder sogar 3. Wahl zu sein.
Eine bedarfsgerechte Beratung setzt daher von Beginn an nicht nur auf ein Produkt, sondern nimmt den finanziellen Bedarf beim Verlust der Arbeitskraft zum Ausgangspunkt. Im Anschluss werden verschiedene Lösungswege zur Bedarfsdeckung entwickelt. Sie alle müssen Faktoren wie Beruf, Alter, Gesundheit, Familienstand, Lebensplanung, finanzielle Leistungsfähigkeit etc. berücksichtigen. Hinzu kommen tarifliche Gestaltungs- und Optimierungsoptionen wie Laufzeit, Leistungsdauer, Karenzzeiten etc. Und das parallel für so unterschiedliche Konzepte wie SBU, SEU, GF, Dread Disease oder betriebliche Versorgungslösungen.
Unser Fazit: Für eine optimale Absicherung der Arbeitskraft braucht es mehr als eine BU-Versicherung. Die selbstständige Erwerbsunfähigkeitsversicherung (SEU) liefert, zusammen mit der Grundfähigkeitsversicherung, wertvolle Alternativen. Aber ohne leistungsfähige Analyse- und Vergleichssoftware ist die bedarfsgerechte Arbeitskraftabsicherung kaum vorstellbar. Nur sie liefert zudem Werkzeuge für eine punktgenaue Kombination mehrerer Bausteine wie BU-, EU- und Grundfähigkeitsversicherung.