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Solvenzquoten der Lebensversicherer und Krankenversicherer 2019

Die Solvenzquote gilt in der Lebens- und Krankenversicherung als wichtige Kennzahl zur Unternehmensbewertung. Jedoch kann auch diese Kennzahl nur ein Merkmal von vielen sein. Für Versicherer und Vermittler bleibt es zudem eine zentrale Aufgabe, ihre Kunden im unternehmensindividuellen Einzelfall über Besonderheiten zu informieren, die nachhaltig auf die Höhe der Bedeckungsquoten wirken. Weiter gilt es zu berücksichtigen, dass Solvency II mit Unsicherheiten behaftet ist. Denn die Berechnung der zukunftsorientierten Risikotragfähigkeit für die Aufsichtsbehörde beruht auf Extrapolationen, für die zahlreiche Annahmen getroffen werden.

Von ausführlicheren Erläuterungen zum Solvency-II-Regime soll an dieser Stelle aber abgesehen werden. Für weitere Informationen zu diesem Thema können wir beispielsweise unseren separaten Blogbeitrag „Solvenzquoten der Lebensversicherer unter Solvency II“ empfehlen.

Große Streuung der Ergebnisse bei Solvenzquoten 

Die aufsichtsrechtlich relevante Solvenzquote der Branche (anrechenbare Eigenmittel der Branche im Verhältnis zum SCR der Branche inklusive Übergangsmaßnahmen) beläuft sich zum Bewertungsstichtag 2019 auf 422,3 %. Im Vergleich zum Jahresende 2018 (531,6 %) ist die Kennzahl damit um rund 110 Prozentpunkte gefallen. In diesem Durchschnittswert nicht enthalten sind Lebensversicherer, die auf Übergangsmaßnahmen verzichten.

Die Spannweite zwischen den einzelnen Anbietern ist dabei noch immer sehr breit. Den höchsten Wert verzeichnet die VPV mit einer Solvenzquote von 947,1 %. Und auch die Swiss Life (856,5 %), SV Sachsen (844,5 %) sowie LV1871 (827,9 %) notieren über dem Achtfachen der geforderten Bedeckung. Kennzahlen von knapp 1.000 % gab es 2019 nicht mehr.

Auftrieb für Solvenzquoten in der Lebensversicherung

Wie in den Vorjahren haben die Übergangshilfen den Solvenzquoten in der Lebensversicherung deutlichen Auftrieb gegeben, maßgeblich beeinflusst durch die Wirkung der Übergangsmaßnahme bei den versicherungstechnischen Rückstellungen. Vielfach beträgt der Unterschied zwischen der Basisquote (ohne Volatilitätsanpassung (VA) und/oder Übergangsmaßnahmen (ÜM)) und dem aufsichtsrechtlichen Nachweis mehr als 200 Prozentpunkte, nicht selten sogar weit über 300 bis hin zu beinahe 700 Prozentpunkten.

Marktweit fallen die Quoten nach Abzug der VA und ÜM spürbar geringer aus. In der Berechnung ohne Maßnahmen sinkt die Solvenzquote des Marktes von 269,6 % im Vorjahr um rund 20 Prozentpunkte auf 249,1 %. Auch bei dieser Kennzahl zeigt sich eine enorme Streuung der Ergebnisse. Die höchste SCR-Quote hat die Europa mit 823,2 % (2018: 912,1 %), die geringste die Frankfurt Münchener mit -14,0 % (2018: 4,8 %).

Prognosen für Solvenzquoten kaum möglich

Hauptverantwortlich für den Rückgang der Bedeckungsquoten dürften vor allem der drastische Zinsrückgang im Jahresverlauf 2019 gewesen sein. Scheinbar konnte auch die garantiereduzierte und somit eigenmittelschonenderen Produktpolitik der Lebensversicherer dem fallenden Trend nicht entgegenwirken. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass die marktweite Zunahme an Produkten ohne nennenswerte Garantien die Solvenzquoten tendenziell weiter stabilisiert. Denn die Kapitalanforderungen werden unter Solvency II risikobasiert ermittelt. Sinkt also das Risiko, wird auch der Kapitalbedarf reduziert. Doch das könnte auch bloße Kaffeesatzleserei sein. Wie dramatisch sich alles binnen kürzester Zeit ändern kann, haben nicht zuletzt die politischen Maßnahmen rund um das Corona Virus eindrucksvoll bewiesen.

Lebensversicherung unter Beobachtung

Ein Dutzend Lebensversicherer erreichte zum 31.12.2019 die Bedeckungsquote von 100 % nicht. Zum Jahresultimo 2018 waren es ebenfalls zwölf Gesellschaften, die eine Bedeckung von 100% nicht erreichten. Bei der erstmaligen Berichterstattung nach Solvency II zum Jahresende 2016 waren es noch 21 Gesellschaften, denen es nicht gelang eine SCR-Bedeckung von 100 % zu erzielen. Aber genau für diese Situation wurden die Hilfsmaßnahmen erarbeitet, um den Gesellschaften den Übergang vom alten ins neue Aufsichtsregime zu erleichtern.

Unternehmen, deren Eigenmittel nicht ausreichten um das SCR zu bedecken beziehungsweise zu übersteigen, sind keineswegs insolvent. Bei einer SCR-Bedeckung von weniger als 100 Prozent handelt es sich lediglich um eine fehlende Risikotragfähigkeit. Das bedeutet nach dem verwendeten Konfidenzniveau von 99,5 %, dass die Gesellschaft nicht über genügend Kapital verfügte, um eine Situation zu überstehen, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 % im nächsten Jahr eintreten könnte.

Krankenversicherung mit stabiler Solvenzquote

Die privaten Krankenversicherer zeigen sich bei ähnlich breiter Streuung der Ergebnisse wie in der Lebensversicherung durchweg solvent. Die Ergebnisse schwanken zwischen 1.497,8 % (LKH) und 193,7 % (Ergo). Dass die PKV gut gerüstet ist, überrascht kaum. Hier können die Beiträge anders als in der Lebensversicherung angepasst werden. Dadurch wird ein Großteil des Risikos von den Beitragszahlern geschultert. Insgesamt hat der Markt die SCR-Bedeckung ohne VA und ÜM von 551,2 % in 2018 auf 538,7 % in 2019 gesenkt. Dabei verändern sich einzelne Unternehmen recht deutlich.

Von Veränderungsraten der Solvenzquoten wie in der Lebensversicherung ist die PKV aber weit entfernt. Ein sehr hoher Wert kann in der Krankenversicherung auch bedeuten, dass es für einen Anbieter gilt, eine schlechte Risikosituation innerhalb und zwischen den Tarifwerken zu kompensieren. Zu berücksichtigen wäre aber auch, dass diese Gesellschaft gerüstet ist, Tarife mit einer schlechten Risikoselektion zusätzlich durch Eigenmittel und nicht ausschließlich durch Beitragsanpassungen zu sanieren.

Entwarnung der BaFin

Nachdem vor allem in der Lebensversicherung ein ums andere Unternehmen für 2019 Rekordumsätze verkündete, ließe sich auch für die nächsten Jahre mit positiven Aussichten rechnen. Aber so einfach ist das leider nicht, denn die Einflussfaktoren sind mannigfaltig. Da wäre allem voran die sogenannte Corona-Krise, deren Auswirkungen bis dato noch gar nicht absehbar sind.
Die Einschätzung von BaFin-Präsident Felix Hufeld auf der kürzlich abgehaltenen Jahrespressekonferenz stimmt zumindest zuversichtlich. Seiner professionellen Einschätzung nach setze die Corona-Pandemie den Lebensversicherern in der Kapitalanlage zwar zusätzlich zu, existenzbedrohend sei die Situation aber aus heutiger Sicht nicht. Eine Abfrage bei ausgewählten Unternehmen habe gezeigt, dass die Solvenzquoten zwar sinken, es komme aber bei keinem dieser Unternehmen zu einer Unterdeckung. Vor allem die Flexibilität des Regelwerks Solvency II mit den Übergangsvorschriften sei für die Branche sehr hilfreich.

Vorsichtige Versicherer

Viele Versicherer blicken hingegen eher skeptisch in die Zukunft. So werden Gewinnziele reihenweise zurückgenommen und es wird von erheblichen Beeinträchtigungen ausgegangen. Diese Auffassung ist nach dem bisherigen Informationsstand seitens der Gesellschaften eher die Regel als die Ausnahme. Wenig verwunderlich wäre auch, wenn die ganze Corona-Geschichte die bisher noch schleichende aber anhaltende Marktkonsolidierung beschleunigt und vor allem kleinere Anbieter aufgeben. Denn erfahrungsgemäß zeigen sich die Auswirkungen von Krisen bei den Versicherern zeitlich verzögert. Erst wenn das Neugeschäft einbricht und Verträge gekündigt, beitragsfrei gestellt oder anderweitig reduziert werden, weil die Menschen andere Probleme als Vorsorge umtreibt, wird das ganze Ausmaß deutlich.

Für die Jahre nach 2021 stehen zudem womöglich inhaltliche Änderungen in regulatorischer Hinsicht ins Haus. Gemäß dem „Solvency-II-Review“ und der Verschiebung des „Last Liquid Points“ (LLP) könnten die anvisierten Anpassungen bei den Zinsmodellierungen vor allem für traditionelle Lebensversicherer mit langfristigen Garantieverpflichtungen enorme Auswirkungen haben. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Die SFCR-Berichte für 2020 werden im kommenden Jahr weitere Einblicke erlauben. Wir bleiben jedenfalls dran für Sie und werden Sie auf dem Laufenden halten.

 

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Reinhard Klages

Reinhard Klages, map-report
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