Insurtechs – Die Disruptoren der Privathaftpflicht (PHV)?
Komposit-Versicherungen, wie die Privathaftpflicht, unterliegen einem stetigen Wandel, der zum einen durch die Anbieter selbst, zum anderen neuerdings zunehmend durch Insurtechs vorangetrieben wird. Klassische Anbieter laufen aktuell Gefahr, insbesondere jüngere Kunden an volldigitale Wettbewerber zu verlieren. Start-ups aus der Insurtech-Szene locken mit passgenauen Angeboten und technischen Services für digital affine Verbraucher. Ihrer Zielgruppe bieten sie auf den ersten Blick deutliche Mehrwerte und erfreuen sich deshalb steigender Beliebtheit. Die Konkurrenz zwischen etablierten Anbietern und neuen Playern spiegelt sich auch in der Qualität der PHV-Produkte wider, denn hier setzten einige Insurtechs auf das Prinzip „weniger ist mehr“.
Insurtechs erhöhen Versicherungsvielfalt in der Privathaftpflicht
Neue Akteure wie lemonade agieren genau entgegengesetzt zu den klassischen Versicherungshäusern. Sie erweitern ihre Produkte nicht um immer neue Optionen, sondern reduzieren ganz bewusst den Leistungsumfang. Dem PHV-Produkt von lemonade fehlen beispielsweise viele etablierte Standards im Versicherungsschutz, darunter
- das Halten von Kleintieren
- das Hüten von Hunden und Pferden
- Mietsachschäden am Inventar der Reiseunterkunft
- Vermögensschäden und
- Vorsorgeversicherung
Insurtechs entwickeln Produkte - nach eigener Aussage - so, wie es Kunden wünschen. Smart, einfach abschließbar und verständlich, so lautet die Devise. Ein reduziertes Leistungsspektrum soll die Antragsstrecke ebenso wie die Schadenbearbeitung einfach und vor allem schneller machen.
Privathaftpflicht-Produkte von Insurtechs fallen oft in der Qualitätsprüfung durch
Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Durch verständliche Sprache und schlanke Abschlussprozesse kann Verbrauchern eine reduzierte Produktqualität schnell aus dem Blick geraten. Unseren Analysten entgehen Qualitätsdefizite allerdings nicht. Die Produkte mancher Insurtechs fallen schlichtweg in der Qualitätsprüfung durch. Untersucht haben wir die Angebote von Adam Riese, Getsafe, Helden.de, Lemonade, Neodigital und ONE.
Zudem könnten durch geringe Limits das Kundenvertrauen in die PHV oder Versicherungsschutz im Allgemeinen leiden. Verbraucher können den Unterschied zu dem inzwischen etablierten hohen Leistungsniveau nicht auf Anhieb erkennen. Daher setzen auch längst nicht alle neuen Anbieter auf diese Ausdünnungs-Strategie, sondern setzen auf unkomplizierte Abwicklung plus Qualität, wie man am Beispiel von Helden.de sieht. Die meisten Anbieter bieten aber auch eine parallele Produktlinie mit Mehrleistungen an, wie folgende Grafik zeigt:
Unkomplizierte Schadenabwicklung ist sicher ein Wert für sich, aber Verbrauchern muss vorher klar sein, wenn der Preis dafür Einbußen in der Leistungserstattung ist.
Insurtechs in der Privathaftpflicht - Social oder Smart?
Trotz aller Kritik – die neuen Tarife treffen den Nerv ihrer Zielgruppe. Insurtechs bringen ein unerschöpfliches Potential für disruptive Ideen in der Privathaftpflicht mit. Klassische Anbieter bekommen die Auswirkungen zu spüren. Denn wenn Produktentwicklung nur auf Verbesserung von Qualität und Leistung abzielt, entsteht ein Vakuum. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist die Qualität so hoch, dass ein Produkt für zu wenige Kunden erschwinglich ist – das Beispiel Berufsunfähigkeit lässt grüßen.
Der Kampf um Kunden nimmt gerade erst richtig an Fahrt auf. Lautet die entscheidende Frage“ Social Insurance“ oder „Smarte Abschluss- und Leistungsprozesse“? Gefragt sind jedenfalls echte Mehrwerte und spürbare Zusatznutzen, die in die Lebenswelt der Kunden passen. Aber bitte mit Transparenz der Inhalte. Wir sind gespannt auf die Entwicklung. Bis dahin beobachten für Sie weiterhin den Markt und die Qualität der Produkte und halten Sie auf dem Laufenden – versprochen.