ESG-Report 2023: Assekuranz macht Fortschritte
Der 3. ESG-Report von Franke und Bornberg attestiert Versicherern Fortschritte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Die Gesellschaften schränken zunehmend ihren Ressourcenverbrauch ein. Auch in der Kapitalanlage zeichnen sich Verbesserungen ab. Beim Gemeinwohl hingegen bleiben fast alle Versicherer deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dabei liegt gerade das Gemeinwohl im wahrsten Sinne des Wortes oft nahe.
Hannover, 26. April 2023. Risiken managen und Zukunft sichern – das sind die zentralen Leistungsversprechen der Assekuranz. Doch Zukunftssicherung reicht über den einzelnen Versicherungsvertrag weit hinaus. „Der Zustand der Welt erfordert entschlossenes Handeln. Business as usual hat ausgedient. Die Assekuranz kann und muss einen spürbaren Beitrag für eine intakte Umwelt und vor allem ein menschenwürdiges Leben leisten“, fordert Michael Franke, Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH und Initiator des ESG-Reports. Der ESG-Report bietet bereits das dritte Jahr in Folge tiefe Einblicke in die Performance von Versicherern beim Thema Nachhaltigkeit.
Mehr Teilnehmer beim ESG-Report 2023
Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Teilnehmer beim aktuellen ESG-Report um zwei auf nun 28 Gesellschaften, davon 23 Versicherungskonzerne und fünf einzelne Gesellschaften. Damit steht der ESG-Report 2023 nach gebuchten Bruttobeiträgen für rund 50 % des Erstversicherungsmarktes.
Der ESG-Report nutzt selbst erhobene Daten und setzt auf einheitliche Maßstäbe. 2023 erscheint der ESG-Report erstmals als Gemeinschaftsprojekt von Franke und Bornberg GmbH sowie der fb research GmbH.
E+S+G = Zukunft sichern
Das Kürzel ESG steht für Nachhaltigkeit in den Bereichen Environmental, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Diese Struktur liegt auch dem ESG-Report zugrunde. Im Segment Umwelt analysiert der ESG-Report unter anderem Treibhausgasemissionen, CO2-Kompensation, Verbräuche von Wasser, Strom, Papier und Heizenergie, Abfallmengen sowie Dienstreisen und Arbeitswege. Bei Soziales geht es um Geschlechtergerechtigkeit, die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, Tarifverträge und Ausbildungsplätze, aber auch gemeinwohl-orientiertes Engagement wie Spenden und Sponsoring. Um die Angaben besser vergleichen zu können, werden Mengenangaben in der rechnerischen Zahl der Vollzeitbeschäftigten (FTE= Full Time Equivalent, zu Deutsch Vollzeitäquivalent) erhoben. Im Bereich Unternehmensführung stehen die Anlagestrategien der Versicherer sowie Mitgliedschaften in Nachhaltigkeitsinitiativen im Mittelpunkt.
So nachhaltig investieren Versicherer
Versicherer müssen bei ihren Investments eine Balance finden zwischen Anlagevorschriften, Nachhaltigkeit und einer attraktiven Rendite. In der Praxis kombinieren die untersuchten Gesellschaften auf ihrem Weg zum nachhaltigen Investment verschiedene Anlagestrategien. Am häufigsten vertreten sind Ausschlusskriterien, beispielsweise für Kohle und Öl, aber auch bei Kinderarbeit und weiteren Verstößen gegen Menschenrechte.
Unterschiedliche Anlagestrategien schließen einander nicht zwangsläufig aus. So kann zum Beispiel der Best-in-Class-Ansatz (BiC) mit einer Negativselektion kombiniert werden. In diesem Fall werden kontroverse Branchen per se ausgeschlossen und in den verbleibenden Branchen die besten Unternehmen (Best-in-Class = BiC) ausgewählt.
Portokasse für das Gemeinwohl?
Für den ESG-Report 2023 wurde erstmals die Spendenquote untersucht. Die gute Nachricht zuerst: Fast alle befragten Unternehmen spenden für einen guten Zweck. Doch um welche Beträge geht es? „Wer wirtschaftlich erfolgreich ist, ist auch verpflichtet, etwas für die Schwachen und Schwächsten zu tun, damit die Gesellschaft funktioniert. Versicherer berichten oft und gern über ihr soziales und ökologisches Engagement. Aber de facto bleiben sie hinter ihren Möglichkeiten zurück und nutzen für Spenden bestenfalls die Portokasse“, weiß Michael Franke. Die höchste Spendenquote beträgt gerade mal 0,001 Prozent der Beitragseinnahmen. 50 % der Versicherer spenden von 1 Million Euro Beitrag ganze 68 Cent oder weniger.
Was nachhaltige Versicherungsprodukte ausmacht
Ihr Kerngeschäft bietet Versicherern ein weites Feld für nachhaltige Gestaltung. Der ESG-Report 2023 fragt erstmals nach, wie und bei welchen Produkten sie davon Gebrauch machen. Am weitesten verbreitet sind ESG-Aspekte in der Lebensversicherung. 21 Versicherer haben Produkte in Bezug auf ESG-Kriterien angepasst.
Gut die Hälfte (elf Versicherer) stuften das Sicherungsvermögen zum Zeitpunkt der Befragung nach Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung ein und/oder hatten entsprechende Fonds im Portfolio. Um sich nicht dem Greenwashing-Vorwurf auszusetzen, sind manche Lebensversicherer hier mittlerweile deutlich zurückhaltender.
Komposit-Versicherer bieten erste interessante Produktansätze für mehr Nachhaltigkeit. So übernehmen nachhaltige Wohngebäudeverträge Mehrkosten für energieeffizienten Schadenersatz und versichern Photovoltaikanlagen oder Wallboxen für Elektrofahrzeuge standardmäßig. Eine nachhaltige Hausratversicherung erstattet zusätzliche Kosten für energieeffiziente Haushaltsgeräte sowie Reparaturen statt Neukauf. Nachhaltige Kfz-Versicherungen belohnen umweltbewusstes Verhalten. Als Maßstäbe gelten CO2-Ausstoß, Kraftstoffverbrauch, ÖPNV-Abos, Ökostromnutzung oder Energieeffizienz.
„Die Assekuranz muss Produkte von Grund auf neu denken. Frische Ideen sind hier wichtiger als Taxonomiekonformität, zumal die jüngsten Entwicklungen im Bereich Taxonomie viele Fragen aufwerfen“, konstatiert Michael Franke. Erfolgversprechender sei eine Orientierung an den 17 Zielen der Vereinten Nationen (SDG = Sustainable Development Goals). Die 17 SDG lieferten vielfältige Anregungen für nachhaltigere Produkte.
Mehrfachteilnehmer machen Fortschritte
Diese 13 Versicherer haben sich bei allen drei Umfragen zum ESG-Report beteiligt: AXA, Barmenia, Debeka, die Bayerische, ERGO, Generali, HUK-Coburg, Signal Iduna, Swiss Life, Talanx, Volkswohl Bund, W&W und Zurich. Diese langjährigen Teilnehmer konnten ihre Verbräuche in den letzten drei Jahren in Summe stetig zurückfahren. Sieben von neun Versicherern, für die Angaben zum Wasserverbrauch vorliegen, haben ihren Wasserverbrauch gesenkt. Im Mittel liegt dieser nur noch bei 6,97 m3 pro FTE im Vergleich zu 11,09 m3 beim ersten Report.
Ähnlich positiv verläuft die Entwicklung beim Strom. Im Mittel schrumpfte der Verbrauch von 3.223,23 kWh pro FTE im Jahr 2019 über 2.736,54 kWh im Jahr 2020 auf 2.492,22 kWh pro FTE. Zudem wurde die Anlagepolitik in den letzten drei Jahren nachgeschärft. Von rechnerisch 6,1 Ausschlüssen im ersten Report stieg die Zahl auf 10,7 Ausschlüsse je Unternehmen. Den größten Anstieg gab es bei Verstößen gegen Arbeitnehmerrechte und Menschenrechte sowie bei Investitionen in Öl und Kohle. „Renditen auf Kosten von Menschen und Umwelt sind heute nicht mehr zeitgemäß“, kommentiert Michael Franke den Trend.
Standards noch immer dringend gesucht
Die Studienautoren haben Nachhaltigkeitsberichte und nichtfinanziellen Berichte von 22 Versicherern mit den selbst erhobenen Daten abgeglichen. Wie schon in den Vorjahren zeigt sich: Nicht jeder Versicherer legt seine Verbräuche und Emissionen vollständig offen. Weil die Unternehmen ihre Berichte relativ frei gestalten können, ist Greenwashing eine reale Gefahr. Zudem fehlen einheitliche Bezugsgrößen. Die folgende Tabelle illustriert unterschiedliche Angaben zu Verbräuchen und Emissionen.
Nachhaltige Versicherer: Vier sind ausgezeichnet
Parallel zum ESG-Report hat Franke und Bornberg in den zurückliegenden drei Jahren ein Verfahren entwickelt, das die Nachhaltigkeit von Versicherungsunternehmen bewertet – das ESG-Unternehmensrating. Grundlagen sind auch hier eine detaillierte Erhebung sowie weitere eigene Recherchen. Die folgenden Unternehmen wurden bereits bewertet.
Weitere Ratings sind in Vorbereitung. Damit treibt Franke und Bornberg die Entwicklung von Standards für eine einheitliche und konsistente Berichterstattung weiter voran.
Fazit und Ausblick
Der ESG-Report 2023 analysiert Aspekte und Treiber nachhaltigen Wirtschaftens in der Assekuranz. Das beginnt beim Verbrauch im eigenen Unternehmen und Fairness gegenüber den Beschäftigten. Und endet noch lange nicht bei der Kapitalanlage. „Nachhaltigkeit ist eine Frage der Werte und reicht über die aktuellen regulatorischen Anforderungen weit hinaus“, erläutert Michael Franke. „Manche ESG-Vorgaben aus Brüssel sind im besten Fall gut gemeint, oft aber nicht gut gemacht. Ob EU-Klimataxonomie oder Offenlegungsverordnung und Präferenzabfrage – hier läuft Vieles noch nicht rund. Doch das enthebt uns nicht unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt, gegenüber schwachen Mitgliedern der Gesellschaft und künftigen Generationen.“
Angesichts fehlender Informationen verläuft die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Kundenberatung bislang nur zögerlich. Es muss gelingen, Vermittler:innen geeignete Werkzeuge für die Beratung und Produktauswahl an die Hand zu geben. Franke und Bornberg stellt den aktuellen Report 2023 interessierten Kreisen kostenlos zur Verfügung. Die wichtigsten Begriffe rund um ESG für die Finanz- und Versicherungsbranche sind im Glossar Nachhaltigkeit zu finden.
Der ESG-Report 2023 im Überblick
- Herausgeber: Franke und Bornberg GmbH unter Beteiligung der fb research GmbH
- Teilnehmer: 28 Versicherer, davon 23 Konzerne und fünf einzelne Gesellschaften
- Marktanteil: ca. 50 % nach gebuchten Bruttobeiträgen
- Befragungszeitraum: 16.09. – 28.10.2022
- Anzahl Fragen: 132
- Bezugsgrößen: Werte 2021 (jeweils höchstmögliche Ebene bis hin zur Holding)
So erhalten Sie unseren ESG-Report
Haben Sie Interesse an unserem ESG-Report? Wir interessieren uns für Ihre Meinung und Anregungen und stellen Ihnen unseren ESG-Report auf Anfrage kostenfrei zur Verfügung. Fachjournalisten dürfen für ihre Berichterstattung zudem einzelne Tabellen mit Verweis auf den Report auszugsweise abbilden. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an unser Nachhaltigkeitsteam unter 0511-367 389-0 oder direkt per Mail an esgfranke-bornberg [dood] declass="spamspan" . Wir beantworten gerne Ihre Fragen.