Kleines mit großer Wirkung: Was bei Abschluss einer BU entscheidend ist! (Teil 1)
„Das Wesentliche steht im Kleingedruckten“ oder „auf das Kleingedruckte kommt es an“ – demnach müssen wir im heutigen Beitrag auch kontinuierlich alles klein schreiben. Oder doch besser nicht; denn das Kleingedruckte kann auch viel Ärger bedeuten und genau den wollen wir Ihnen ersparen. Deshalb haben wir für Sie die „kleinen“ wesentlichen Unterschiede in den BU-Bedingungswerken herausgearbeitet, die bei Abschluss einer BU von „großer Bedeutung“ sein können, um gut versichert zu sein.
Hier geht’s zu unseren „Bedingungen“, sie sind weder intransparent noch kleingedruckt, beinhalten aber dennoch das Wesentliche. Heute Teil 1: Beruf, Verweisung und Lebensstellung…
Beruf, Verweisung und Lebensstellung
Kann ein Versicherter nach Eintritt der Berufsunfähigkeit eine, mit dem zuletzt ausgeübten Beruf vergleichbare berufliche Tätigkeit ausüben, wird – sofern vereinbart – geprüft, ob diese neue Tätigkeit auch der zuletzt erreichten Lebensstellung entspricht („abstrakte Verweisung“). Die meisten der heutigen BU-Verträge enthalten diese Vereinbarung nicht mehr. Oft führen Versicherer aber günstigere Zweitproduktlinien, die eine abstrakte Verweisung vorsehen.
Die Prüfung auf Verweisbarkeit steht auch an, wenn der Versicherte eine andere berufliche Tätigkeit aufgenommen hat. Die Verweisung auf eine (freiwillig) tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, nennt man „konkrete Verweisung“. Allerdings kann weder abstrakt noch konkret auf irgendeine Tätigkeit verwiesen werden. Die „Lebensstellung“, die bei der Verweisung zu berücksichtigen ist, definiert sich nämlich durch das berufliche Einkommen und die soziale Wertschätzung des ausgeübten Berufes.
Aber Achtung: das VVG gibt keine exakte Definition des Begriffs „Lebensstellung“ vor, daher können individuelle Regelungen der Versicherer vom Idealbegriff abweichen. Die Lebensstellung gilt üblicherweise dann nicht als gewahrt, wenn mindestens einer der beiden genannten Aspekte spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufes absinkt.
In welchem Umfang eine Minderung des Einkommens oder eine Minderung der Wertschätzung zumutbar ist, ist individuell verschieden und im Streitfall durch die Gerichte zu entscheiden. Um hierbei keine Überraschung zu erleben ist es wichtig, dass der Begriff Lebensstellung in den Bedingungen exakt definiert ist.
Klarstellung der zumutbaren Einkommensdifferenz
Welche Einkommensminderung in Zuge einer Verweisung zumutbar ist, ist Auslegungssache. Der Versicherer sollte Höchstgrenzen festlegen, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Ideal ist es, wenn nicht nur ein fester maximaler Prozentbetrag von beispielsweise 20 Prozent genannt wird, sondern zusätzlich auf die Einzelfallbetrachtung sowie auf die geltende Rechtsprechung abgestellt wird. Bei geringen Einkommen können 20 Prozent Minderung nämlich durchaus unzumutbar sein.
Beispiel einer Klausel:
Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Als eine der Ausbildung und den Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit wird dabei nur eine solche Tätigkeit angesehen, die keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert. Unter der bisherigen Lebensstellung ist die Lebensstellung in finanzieller und sozialer Sicht zu verstehen, die vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung bestanden hat. Die dabei für die versicherte Person zumutbare Einkommenseinbuße wird von uns je nach Lage des Einzelfalls auf die im Rahmen der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte oder des Bundesgerichtshofes festgelegte Größe im Vergleich zum regelmäßigen jährlichen Bruttoeinkommen im zuletzt ausgeübten Beruf, vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung, maximal jedoch auf 20 %, begrenzt.
Wichtiger Hinweis zum Verzicht auf konkrete Verweisung
Üblicherweise wird auf die konkrete Verweisung nicht verzichtet, was auch dem eigentlichen „Versicherungsgedanken“ entspricht. Wer ein vergleichbares Einkommen in einem selbst gewählten Beruf erzielt, hat keinen Bedarf für eine BU-Rente. Der Verzicht auf konkrete Verweisung birgt daher schwer kalkulierbare „subjektive Risiken“ für das Versichertenkollektiv. Zwar gibt es in der Lebensversicherung, zu der die BU gehört, kein Bereicherungsverbot, also ist eine Besserstellung durch die erbrachte Leistung zulässig, aber es gibt Risiken aus ganz anderer Sicht. Wer Rente plus Einkommen erhalten kann, ist nach allen verfügbaren statischen Erhebungen regelrecht motiviert, die BU-Rente durchzusetzen. Die Leistungsquote geht massiv nach oben, was die Kalkulation und damit die Stabilität des Kollektivs in Gefahr bringen kann.
Was ist davon zu halten, wenn ein Versicherer im Erstprüfungsverfahren auf die konkrete Verweisung verzichtet, nicht aber im Nachprüfungsverfahren? Hierbei ist zu beachten, dass es keine Regelungen gibt, nach welcher Zeit der Versicherer die Nachprüfung durchführen kann. Vereinfacht gesagt kann er sofort nach Kenntnis einer Tätigkeitsaufnahme die Nachprüfung durchführen. Der Vorteil muss also real gar keiner sein.
Beruf und Lebensstellung bei vorübergehendem oder endgültigem Ausscheiden
Die Versicherungsbedingungen unterscheiden oft zwischen vorübergehendem und endgültigem Ausscheiden aus dem Berufsleben. In Deutschland haben wir die luxuriöse Situation, dass der Versicherungsschutz auch noch nach Ausscheiden aus dem Beruf besteht. Aber welcher Beruf ist nach dem Ausscheiden zur BU-Prüfung heranzuziehen? Sofern man gerade erst aus dem Beruf ausgeschieden ist, kann man problemlos den zuvor ausgeübten Beruf heranziehen, da Unterlagen und Belege noch recht einfach beschafft werden können. Das stellt sich nach etlichen Jahren ganz anders dar. Die Versicherten tragen die Beweislast, ob sie berufsunfähig sind. Dieser Nachweis dürfte nach beispielsweise 10 Jahren nicht mehr so einfach gelingen, weil die üblichen beizubringenden Belege ggf. nicht mehr beigebracht werden können. Es ist daher durchaus sinnvoll, wenn in den Bedingungen zwischen vorübergehendem und endgültigem Ausscheiden unterschieden wird.
Wichtig: ein dauerhaftes Abstellen auf den zuletzt konkret ausgeübten Beruf klingt zunächst vorteilhaft, kann aber in der Praxis ins Leere laufen, da der Nachweis der BU schwer zu führen ist. Die eigentlich wesentlichen Qualitätskriterien bei Regelungen zum Ausscheiden aus dem Berufsleben sind daher, dass bei vorübergehendem Ausscheiden auf den zuletzt ausgeübten Beruf abgestellt wird und der Begriff „vorübergehend“ durch eine festgelegte zeitliche Dimension hinterlegt wird.
Weiterhin ist generell wesentlich, dass bei der Definition des Begriffs Lebensstellung auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben abgestellt wird. Ansonsten könnte die nach Ausscheiden möglicherweise deutlich schlechtere Einkommenssituation eine abstrakte oder konkrete Verweisung auf nahezu jede Tätigkeit ermöglichen.
Beispiel einer Klausel:
Ist die versicherte Person aus dem Berufsleben vorübergehend oder endgültig ausgeschieden und werden Leistungen beantragt, so gilt die vorher konkret ausgeübte berufliche Tätigkeit und die damit verbundene Lebensstellung als ausgeübter Beruf.